„Spannend und herausfordernd
– so ist mein Glaubensleben“

Evangelist Craig Esterhuizen (50), Vorsteher der Gemeinde Lyndhurst (England), ist in der Verwaltung der Neuapostolischen Kirche im Vereinigten Königreich und Irland tätig. Noch vor knapp 15 Jahren stand er in Diensten der südafrikanischen Marine. Seine Erfahrungen helfen ihm beim Ausüben einer weiteren Aufgabe, die er seit einiger Zeit innehat, als ehrenamtlicher Seelsorger der Legion der Militärveteranen. In einem Interview mit der Redaktion der Zeitschrift "Unsere Familie" berichtet er von seinen Erlebnissen und Tätigkeiten.

Wie kam es zu Ihrem Wunsch, zum Militär zu gehen?

Ich würde sagen, ich war ein „Spätzünder“ und hatte keine Ahnung, welche berufliche Laufbahn ich einschlagen sollte – dabei war mir mit meinen Schulzeugnissen auch ein Studium möglich. Nachdem ich mit zwei Glaubensbrüdern in meiner Gemeinde gesprochen hatte, die in der Marine waren, beschloss ich, nach dem zweijährigen Pflichtdienst, den jeder junge Mann in Südafrika absolvieren musste, der Marine beizutreten mit dem Vorsatz, etwas Lebenserfahrung zu sammeln.

18 Jahre diente ich dann in der Marine und verließ den Militärdienst im Rang eines Lieutenant Commanders (vergleichbar mit dem Rang eines Korvettenkapitäns der Deutschen Marine – Anm. der Red.). Zudem hatte ich während meiner Zeit in der Marine ein Psychologiestudium abgeschlossen und ein Postgraduierten-Diplom in Qualitätsmanagement erworben. Ich konnte umfangreiche Erfahrungen insbesondere in den Bereichen Verwaltung, Qualitätsmanagement und Schulung sammeln.

Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Ich musste zum Glück nie auf jemanden schießen. Man kann sich nicht vorstellen, was viele junge Männer erlebt haben und noch erleben, wenn sie Teil eines Militärkonfliktes sind. Bei meinem Beitritt zu den Seestreitkräften war die südafrikanische Marine sehr darauf konzentriert, eine positive Seite Südafrikas zu zeigen. Unsere Rolle war daher friedlich: Wir leisteten Nothilfe in Bangladesch, unterstützten kommunale Projekte am Kongo im damaligen Zaire, bauten Freundschaftsbeziehungen mit der Republik Taiwan auf und so weiter.

Was führte Sie nach England?

Mein Bruder lebt seit längerer Zeit im Süden Englands. Als ich im Jahr 2005 die Marine verließ, zogen ich und meine Familie nach Großbritannien, um uns meinem Bruder anzuschließen. Seitdem leben wir hier, ich diene derzeit als Vorsteher unserer Gemeinde Lyndhurst und arbeite an der Seite von Apostel David Heynes und Bischof David Middleton als Leiter der Verwaltung der Neuapostolischen Kirche in Großbritannien und Irland.

Wie entstand Ihr Kontakt zur Legion – einer Vereinigung, die sich um Militärveteranen kümmert, ihnen Hilfe zur Wiedereingliederung leistet und das Andenken an die Gefallenen aufrechterhält?

Mein Kontakt zu der Legion der Militärveteranen ist ein Beispiel für eine dieser unbekannten „Straßen“, die ich entdeckt habe: Ich trat der Legion bei, nachdem ich einen ehemaligen Marine-Kollegen auf Facebook getroffen hatte. Ich dachte, es wäre eine gute Idee, der Vergangenheit, die ein Teil meines Lebens ausmacht, Platz im Gegenwärtigen einzuräumen. Für die Seelen derer einzutreten, die die Schlachtfelder der Geschichte nicht lebend verlassen haben, ist mir wichtig. Ich ging zu Versammlungen und Paraden und half dort aus, wo ich konnte. Es war ein bewegendes Gefühl, Menschen in Not zu unterstützen. Die Militärveteranen haben häufig mit der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) zu kämpfen, mit Obdachlosigkeit und anderen Problemen, die ihre Wiedereingliederung ins „normale Leben“ beeinträchtigen.

Seit einiger Zeit sind Sie ehrenamtlich als Seelsorger bei der Legion tätig. Wie kam es dazu?

Bei einem gemeinsamen Essen wurde jemand gebraucht, der das Essen segnete. Ich habe mich freiwillig gemeldet. Ich wurde gefragt, ob ich ein praktizierender Christ bin, und ich erzählte von meinem Engagement in unserer Kirche. Da der Geistliche, der bis dahin die seelsorgerische Unterstützung angeboten hat, gesundheitliche Probleme hatte, wurde ich gefragt, ob ich die Aufgabe des Seelsorges übernehmen könne. Nach Rücksprache mit meinem Bischof habe ich dem zugestimmt. Nun halte ich alle zwei Monate einen Gottesdienst für die Legion. Oft rufe ich im Vorfeld unseren Apostel an. Seine Impulse geben mir Sicherheit. Es freut mich, auf diese Weise mit unserem Apostel zusammenzuarbeiten.

Letztes Jahr, als vielerorts des Endes des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren gedacht wurde, lud ich Mitglieder der umliegenden neuapostolischen Gemeinden zur Gedenkfeier der Legion ein, mit der Bitte, diese musikalisch zu umrahmen. Die Glaubensgeschwister bildeten einen Chor, der in dieser Zusammensetzung noch nie gesungen hatte. Es wurde für viele ein ganz besonderes Erlebnis. Die Veteranen waren von dem Gottesdienst und unserem Chor so beeindruckt, dass sie spontan aufstanden und applaudierten. Das war in der Tat sehr bewegend. Beim Jahresabschlussball der Legion im letzten Jahr erhielt ich eine Anerkennungsurkunde für die seelsorgerische Unterstützung der Legion und bin jetzt auch Besitzer eines Hirtenstabes – dies ist eine ziemlich seltsame Ergänzung meiner Insignien, an die ich mich noch gewöhnen muss. (lächelt)

Welche Erkenntnis haben Sie für sich aus der bisherigen Mitarbeit in der Legion gewonnen?

Ich war überrascht, wie offen die Menschen unserem Glauben gegenüber waren. Ich denke, wir Neuapostolischen sind manchmal zu sehr nach innen gerichtet. Wir haben einen wunderbaren Glauben und eine kraftvolle, gesegnete Botschaft – andere Menschen suchen solche Erfahrungen. Ich bin immer offener geworden, wenn andere fragen, was wir glauben. Wachstum ist möglich.

Die Fragen stellte Dinara Ganzer

Textauszug entnommen aus: "Unsere Familie", Ausgabe Nr. 12|2019, S. 32-37 © Verlag Friedrich Bischoff GmbH, Neu-Isenburg (Autor: Dinara Ganzer)